Erzählperspektiven

Die Grund­for­men des Erzäh­lens sind aukt­ori­al, per­so­nal und neu­tral.  In vie­len Tex­ten – beson­ders Roma­nen – mischen sich aber auch die drei Erzähl­per­spek­ti­ven.

Bei der Ana­ly­se eines Tex­tes soll­test du dir auch die Fra­ge stel­len, wel­che Funk­ti­on die Erzähl­per­spek­ti­ve (oder ihr Wech­sel) hat.

Auktoriale Erzählperspektive

Der aukt­oria­le Erzäh­ler wird auch all­wis­sen­der Erzäh­ler genannt. Er spricht aus einer sou­ve­rä­nen Über­schau und kom­men­tiert und bewer­tet häu­fig das Gesche­hen.
Da er neben den Gedan­ken und Gefüh­len der Prot­ago­nis­ten auch die Ver­gan­gen­heit und die Zukunft der Hand­lung kennt, kann er den Leser über die beson­de­re Bedeu­tung bestimm­ter Hand­lun­gen infor­mie­ren.

Noch wuss­te sie nicht, wie sehr sie spä­ter bereu­en wür­de, die­se Haus­auf­ga­be nicht gemacht zu haben.

Personale Erzählperspektive

Hier­bei  wird aus der Per­spek­ti­ve einer Figur der Hand­lung selbst erzählt. Die­se Figur (und damit auch der Leser) hat – im Gegen­satz zur aukt­oria­len Erzähl­per­spek­ti­ve – kein höhe­res Wis­sen und kei­ne Distanz zu den Gescheh­nis­sen.
Der per­so­na­le Erzäh­ler ist in sei­ner  Wahr­neh­mung auf das beschränkt, was sich in sei­nem Gesichts­feld befin­det.
Der per­so­na­le Erzäh­ler kann dem Leser inne­re Vor­gän­ge inten­siv ver­mit­teln und auf sub­jek­ti­ve Wei­se Gedan­ken und Gefüh­le mit­tei­len.

Vol­ler Ver­zweif­lung schlug sie ihr Heft zu. Die­se Haus­auf­ga­be wür­de ihr nie gelin­gen, dabei war sie sich so sicher gewe­sen, dass sie alles ver­stan­den hat­te.

Die Innen­welt der Figu­ren hat bei die­ser Erzähl­per­spek­ti­ve eine grö­ße­re Bedeu­tung als die Dar­stel­lung der Außen­welt.

Neutrale Erzählperspektive

In der neu­tra­len Erzähl­per­spek­ti­ve wird weder aus der Sicht eines Prot­ago­nis­ten erzählt, noch spielt sich der all­wis­sen­de Erzäh­ler in den Vor­der­grund.
Der Erzäh­ler ist unbe­tei­ligt und doku­men­tiert ledig­lich das Gesche­hen.
Innen­sicht und Emo­tio­nen der Figu­ren wer­den über Dia­lo­ge in direk­ter Rede ver­mit­telt.

An die­sem Nach­mit­tag hat­te sie eine schwie­ri­ge Haus­auf­ga­be auf, deren Bear­bei­tung sie meh­re­re Stun­den kos­ten wür­de. Nach einer Wei­le schlug sie mit den Wor­ten: „Das schaf­fe ich nie!“ ihr Heft zu und ver­ließ das Zim­mer.

Die Ich-Erzählung

Eine Ich-Erzäh­lung kann sowohl aukt­ori­al, als auch per­so­nal sein. Es gibt also kei­ne Ich-Erzähl­per­spek­ti­ve, son­dern nur eine aukt­oria­le oder per­so­na­le Ich-Erzäh­lung.

Der Erzäh­ler in der Ich-Form ist dabei eine Figur der Hand­lung und kann nur die Gefüh­le und Wahr­neh­mun­gen die­ser Figur mit­tei­len, ist also sehr dicht am per­so­na­len Erzäh­ler.

Ich war ver­zwei­felt und wütend. In der Deutsch­stun­de heu­te mor­gen hat­te ich noch alles ver­stan­den, und jetzt das! Die­se Haus­auf­ga­be war unlös­bar, und ich hat­te kei­ne Lust, mei­nen Nach­mit­tag dar­an zu ver­schwen­den..

Ver­fügt der Erzäh­ler aber – even­tu­ell in Form eines Rück­blicks – über zusätz­li­che Infor­ma­tio­nen, die er sogar bewer­tet und beur­teilt, ist es eine aukt­oria­le Ich-Erzäh­lung.

Hät­te ich damals schon gewusst, wie wich­tig die­se Haus­auf­ga­be noch wer­den wür­de, ich hät­te es län­ger ver­sucht.